Das Finanzkapital (01.06.2016)

Mi., 01. Juni 2016, 18:30 Uhr
Hörsaal S1, Schloss

Finanzpolitik und Finanzgeschäft heute:

Was die krisenhafte Ausnahme über die Normalität der „systemrelevanten“ Branche zu erkennen gibt

Vortrag und Diskussion mit Prof. Dr. Margaret Wirth (Uni Bremen)
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  • Was ist los, wenn Mario Draghi die Geld­märkte flutet und dabei in Billionen rechnet? Das Geld, um das sich in dieser Gesell­schaft alles dreht, das alle Leute ver­dienen müssen und nie geschenkt bekommen, kann die EZB offen­bar nach Bedarf schöpfen. Worin besteht dieser Bedarf – und was sagt es über dieses Geld, wenn ein poli­tisches Macht­wort es er­schaffen kann?
  • Was ist in die Zentral­banker gefahren, dass sie die In­flation, die sonst un­erwünschte bis gefähr­liche Geld­entwertung auf einmal zum kaum er­reichbaren Wunsch­ziel ihrer Geld­politik erklären? 2 % Infla­tion soll unsere Welt wieder in Ord­nung bringen! 0,2 % Deflation, ein nicht nur stabiles, sondern gegen die Waren auf­wertendes Geld soll ein Gift sein, das die Wirt­schaft zerstört.
  • Was ist die Lage und was die Absicht, wenn die EZB eine „Nullzins-Politik“ betreibt, d.h. von den Banken keine Zinsen mehr ver­langt, wenn sie ihnen Geld zur Ver­fügung stellt. Und wenn die Banken darauf­hin selbst für Ein­lagen bei ihnen und Kredite an sie keine Zinsen mehr zahlen? Dann lohnt sich das Geld nicht mehr! Es „wirft keine Jungen“, wächst nicht von selbst wie ein lebendiger Organis­mus. Das ist in diesem System keine Rück­kehr zu Ver­nunft und Norma­lität, sondern eine Kata­strophe. Nichts ist in Ordnung, wenn das natür­lichste Grund­gesetz des Kapita­lismus, dass der Besitz von Geld den Eigen­tümer immer reicher macht, nicht mehr funktioniert.
  • Was nun? Die Banken werden durch Anreize und Straf­zinsen geradezu ge­zwungen, mehr Kredite zu ver­geben. Ihre Kunden, vor allem die Staaten, aber auch andere Banken, sollen aber nicht noch mehr Schulden machen; die waren ja der Grund der Finanz­krise. Schulden sind schlecht und müssen zurück­geführt werden, Kredite hingegen kann es nicht genug geben. Was ist der Unter­schied? Und wenn es schon keinen gibt: Warum ist er dann so wichtig?

Solche und andere Fragen werden behandelt. Unser Vor­trag bietet weder Anlage­beratung noch Ein­blicke in die geheime Macht und Machen­schaften von Hedge-Fonds, sondern eine Ein­führung in die politische Ökonomie des ver­liehenen Geldes.